Auswärtsspiel

Mittwoch, 26. November 2008

Hajias Kneipe in Hamburg

Hajias-Kneipe

Bis gestern hatte ich noch nicht das Glück, in Deutschland ein Restaurant zu finden, in dem authentische westafrikanisches Essen zubereitet wird. In St. Georg in Hamburg entdeckte ich jedoch endlich eine kleine Kneipe, die Kaffe, Tee und afrikanische Spezialitäten anbietet.
Der kleine Speiseraum ist provisorisch renoviert, auf den Tischen liegen schwere, speckige Plastiktischdecken in dunklen Farben und sofort nachdem mir ein Tisch zugewiesen wurde und ich mich zwischen Fisch und Fleisch entschieden hatte, kam der Inhaber mit einer dampfenden Schüssel voll dunkler, aromatischer und scharfer Sauce mit kleinen Stücken Huhn und Ochsenschwanz und einer heißen, blauen Frischhaltetüte, aus der ich ein schweres, kompaktes Stück Fufu (ein Brei aus Kochbananen und Maniok, der in Ghana, Elfenbeinküste und anderen schwarzafrikanischen Ländern Westafrikas zu fast jeder Mahlzeit serviert wird) nahm. Fufu (oder auch Foufou in französischsprachigen Ländern), wird aus Kochbananen, Maniok (die Wurzel einer tropischen Pflanze aus der auch Stärkemehl gewonnen wird) und/oder Yamswurzeln hergestellt.
Das Alles wird zusammen gekocht und dann in großen Holzmörsern zerstampft, bis ein zäher Brei entsteht, von dem man mit den Fingern Stücke abreißen kann um sie in die Sauce zu tunken. Diese Sauce bildet den Hauptbestandteil des Gerichts, sie basiert auf einfachen Zutaten wie Palmöl, Tomaten, Zwiebeln und Wasser, wird zusammen mit Fleisch lange gekocht und dann meist mit Pfeffer, Chili und ab und zu auch mit Melonensamen gewürzt. Bei Hajia und seiner fülligen Mutter mit ihrem blinkenden Goldzahn, die in der Küche das Sagen hat, versammeln sich jeden Tag die in St. Georg lebenden Ghanaer, die in Hamburg eine der größten afrikanischen Migrantengruppen darstellen. In der Hansestadt leben mehr als 5000 Einwanderer aus Ghana, fast ein Drittel aller in der Stadt ansässigen Schwarzafrikaner. Die Gruppen, die sich in Hajias Kneipe treffen um dort zu essen und sich auszutauschen, demonstrieren einen starken Zusammenhalt. So existieren in St. Georg einige Vereine, die die Interessen, der Ghanaer vertreten; der mitgliederstärkste dürfte hier wohl der "African Moslem Association e.V." sein, der mehr als 2000 muslimische Ghanaer aus dem Norden dieses Landes repräsentiert.

Hajia`s Kneipe
Afrikanische Spezialitäten, Tee & Kaffee
Pulverteich 18
20099 Hamburg

Montag, 13. Oktober 2008

Im Roten Osten Leipzigs

Ostleipzig

Wie bereits angekündigt, war ich in der letzten Woche in kulinarischer Mission in Leipzig unterwegs. Die Suche nach authentischer sächsischer Regionalküche war, um es gleich vorwegzusagen, leider nicht sehr erfolgreich, auch um Auerbachs Keller mit seinem schwer eventlastigen Gastro-Angebot habe ich einen großen Bogen gemacht.
Die Iglu-Version des "Leipziger Allerlei", ein Gericht, das die meisten Westdeutschen nur dem Namen nach oder aus aus der Tiefkühltruhe kennen, sowie die vielen Gemüsebeilagen, die den Namen des Originals tragen haben allerdings mit dem Original nicht viel mehr als die schockgefrosteten Erbsen und Karottenscheiben gemeinsam. Tatsächlich ist Leipziger Allerlei ein saisonales Gericht, das eigentlich nur im Frühsommer serviert wird und neben den bereits erwähnten Erbsen und Möhren noch Kohlrabi, Schwarzwurzeln und Spargel als Frühlingsgemüse und unbedingt Flußkrebse und Morcheln enthalten muss.

Der Barmann meines Hotels erklärte mir den Ursprung des Gerichtes aus dem verfügbaren Angebot in der Ansammlung von Kleingärten, die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in Leipzig entstanden. Diese neue Form des Freizeitgartens erhielt seinen Namen nach dem Leipziger Arzt Daniel Gottlob Moritz Schreber, 1808 geboren und eine Art deutsche Version von John Harvey Kellog. Er selbst war allerdings nicht der eigentliche Urheber der Bewegung und erlebte die Gründung des ersten eingetragenen Schrebervereins durch einen seiner Gesinnungsgenossen nicht mehr. Es waren also findige Laubenpieper, die mit den schmackhaften Flusskrebsen, die sie aus den Bewässerungsgräben ihrer Gärten fischten, das eigentlich einfache Gemüsegericht aufwerteten. Heutzutage sind Krebse und die sündhaft teuren Morcheln begehrte Delikatessen und der Preis des Allerleis in einem Leipziger Restaurant lässt kaum mehr auf den kleinbürgerlichen Ursprung des Gerichtes schließen.

Das Hotel, in dem ich abgestiegen bin, liegt östlich des eigentlichen Zentrums von Leipzig, in einem strukturschwachen Gebiet der Stadt. Die Gründerzeit-Ensembles entlang der Eisenbahnstraße und die Plattenbauten der angrenzenden peripheren Stadtteile sind Teile des Programms "Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt" des Bundes und der Länder". Die Bausubstanz ist überwiegend von geringer Qualität und Sanierungsmaßnahmen im großen Rahmen sind extrem teuer. Das Viertel wurde Mitte des 19. Jahrhunderts als gemischte Wohn- und Arbeitssiedlung angelegt und entwickelte sich zu einem klassischen Arbeiterviertel. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude stark beschädigt, die DDR konnte zu keinem Zeitpunkt die notwendigen Mittel zur Sanierung aufbringen und plante den Abriss des ganzen Viertels.

Heute, an einem Mittwoch, nach Einbruch der Dunkelheit, ist die Eisenbahnstraße so gut wie leergefegt, hinter den vergilbten Gardinen einiger weniger beleuchteten Fenster in den oberen Stockwerken vermute ich den Geruch von Kohleöfen, durchgesessene, abgewetzte Polstermöbel und verblasste Wachstuchtischdecken - aus den Läden im Erdgeschoss der heruntergekommenen Gründerzeit-Immobilien flackern Spielautomaten und leuchtet das kalte Neonlicht der zahlreichen Dönerbuden und Imbiss-Läden.

Meine Lust nach teutonischen Fleischgenüssen schwindete bald, ich änderte das Ziel meiner Suche und hielt Ausschau nach Kebab, Falafel oder Ähnlichem - bis ich vor einem Laden stand, dessen Schaufenster grell-farbige Aufkleber "aromatische Würste", "schmackhafte Pasteten" und "knusprige Braten" anpriesen. Das kleine Geschäft für polnische Spezialitäten war aber bereits seit mehr als zwei Stunden geschlossen. Vor der Rückkehr ins Hotel, zu einer vergleichsweise einfallslosen Speisekarte, drückte ich mir noch die Nase an der Eingangstür platt, wobei mich die Verkäuferin, die in diesem Moment den Heimweg antritt, ertappte. Zunächst war sie sehr misstrauisch aufgrund meines großen Interesses an ihrem Laden, hatte dann aber doch Mitleid, weil sie mich auf den nächsten Tag vertrösten musste.

Auf dem Rückweg entdeckte ich dann doch noch eine kleine Kneipe, in der der Besitzer und der einzige Gast sich ein Dart-Duell nach dem anderen lieferten, ihre halbausgelöffelten Schüsselchen mit Soljanka standen verwaist auf dem Tresen und der Verlierer musste jedesmal eine Runde Pfefferminzlikör ausgeben - ohne sächsische Wickelknödel oder polnische Würste gekostet zu haben, entschädigte mich zumindest die frisch-saure Suppe als ideale Zechspeise, wobei ich allerdings den giftgrünen Likör durch Pils vom Fass ersetzte.

Am nächsten Morgen stand ich schon um fünf Minuten vor acht vor diesem Paradies für Exilpolen in und um Leipzig und nach meinem Einkauf konnte ich es den ganzen Tag über kaum erwarten, meine Schätze zu Hause auszupacken und zu kredenzen: Es gab kabanosy, polska surowa, die rohen polnischen Brühwürste, kielbasa slaska, eine schlesische Kochwurst, in der Machart wie Regensburger in Bayern, salcesa ozorkowy, deftige Blutwürste, eine intensiv nach Rauch duftende kielbasa jalowcowa, eine mit viel Wacholder gewürzte Kochsalami, Schweineschmalz mit Zwiebeln und Salzgurken, die nach mächtig viel Dill schmeckten!

Am nächsten Tag habe ich versucht, selbst eine Soljanka herzustellen, da noch ein bisschen eingefrorene Fleischbrühe im Kühlschrank war und was würde sich dazu besser eignen, als die Reste der polnischen Würste! Ich musste also nur ein paar Gurken und eine Paprikaschote besorgen.

Hier das Rezept:

300 g Wurst- oder Bratenreste, am besten eine grobe Bratwurst wie die schlesiche Kochwurst oder einmal gebrühte und wieder erkaltete Polnische Brühwurst, in Streifen oder Würfel geschnitten
150 g Zwiebeln
2 kleine oder 1 große Salzgurke
100 ml Gurkenwasser (vom Einlegen)
2 Knoblauchzehen
1 rote Paprikaschote
1 TL Paprikapulver, rosenscharf
etwas neutrales Öl (Sonnenblumen- oder Rapsöl)
50 g Tomatenmark
2-3 Lorbeerblätter
Salz
Pfeffer
800-900 ml kräftige Fleischbrühe

Zuerst die Zwiebel in feine Ringe schneiden, dann die Paprikaschote entkernen und in feine Streifen schneiden; das Öl in einem Topf erhitzen und beides ca. 5 Minuten bei mittlerer Hitze andünsten; die Knoblauchzehen dazupressen, das Tomatenmark einrühren und weiterschwitzen lassen. Dann die ebenfalls in Streifen geschnittenen Gurken und das Fleisch zugeben, die Hitze etwas höher schalten, Fleischbrühe und Gurkenwasser angießen und ca. 10-15 Minuten köcheln (am besten sind große Salzgurken vom Metzger!). Am Ende der Kochzeit (vorsichtig) salzen und pfeffern, im Teller einen Löffel saure Sahne auf die Suppe geben - fertig! In der ehemaligen DDR ein Klassiker in fast allen Speisegaststätten und bei Ostalgikern immer noch einen Seufzer wert - jetzt, wie bereits erwähnt, als kleines Gericht unter anderen Appetithappen für ausdauernde Zecher ein erfrischender und wohltuender Mitternachtsimbiss. Deshalb hier auch keine feingehackte Petersilie oder Zitronenscheibchen, wie in vielen Rezepten erwähnt wird - dazu hat ein Wirt, der ständig Bier zapfen muss, keine Zeit. Soll es ein anderer Anlass sein, könnte ich mir vorstellen, die Suppe mit Dill, Kerbel oder Borretschblättern zu bestreuen. Im nächsten Sommer wird das auf jeden Fall ausprobiert...


Die Zutaten findet ihr hier:

Panknin - Polnische Spezialitäten
Eisenbahnstr. 31
04315 Leipzig
0177-8447998

Artikel zum Download: leipzig (pdf, 91 KB)

Dienstag, 7. Oktober 2008

Münchener Grant mal auf vietnamesisch

Um gleich zur Sache zu kommen: Das Ha Noi, ein kleiner Asiate in der Augustenstraße/Ecke Schellingstraße, ist ein Lokal für alle Gelegenheiten. Kommt man von der Technischen Universität hat man nur wenige Schritte bis zum perfekten Mittagsimbiss; ist man fast schon misanthropisch schlecht gelaunt merkt man beim Bestellen schnell, dass man doch nicht der zwiderste Zeitgenosse Münchens ist; sucht man den viel zitierten „Münchener Grant“ merkt man, dass ihn ein Vietnamese erfunden haben muss; und ob man Liebeskummer oder eine Erkältung hat: die scharfen Suppen sind das Allheilmittel schlechthin.

hanoi

Von außen wirkt das Ha Noi mehr als unscheinbar. Ein kleines Schild zwischen einer Bagel-Kette und einer bayerischen Wirtschaft hängt über dem schmalen Eingang nach Fernost.
Drinnen zischt und brodelt und quäkt es, und wenn der Chef mit drei großen Suppentellern, verteilt auf zwei Hände, hinter der Theke hervorschießt, hat man nur die Wahl, sich an die Vitrine zu quetschen oder sich auf den Schoß eines Gastes (der selbst schon direkt an der Wand sitzt) zu retten. Plätze sind in dem schmalen Schlauch nämlich Mangelware – und jetzt, im Herbst, sind sogar die Sitzplätze auf dem Gehsteig voll belegt – wer aber dazu kommt, an der Theke zu bestellen, wird auch ein Plätzchen finden, bis das Essen fertig ist. Schließlich befinden wir uns in einem kleinen Eckimbiss, in dem der Chef am allerwenigsten zum langen Verweilen einlädt. So ist es schon vorgekommen, dass er wegen akuten Gästeüberschusses abkassieren wollten, als wir noch nicht einmal fertig waren – was lediglich mit einem genervten „nnnee, schneller essen!“ kommentiert wurde. So ungastlich sich das jetzt anhören mag, ist es aber gar nicht, ganz im Gegenteil macht doch dieser Habitus des Chefs und die Winzigkeit der Lokalität – nur die Vitrine mit den frischen Zutaten trennt den Gast von der Schnellküche – den ganz besonderen Charme des Ha Noi aus, der uns immer wieder in die Augustenstraße zieht.
Je nach Gast und Laune ist der Chef jedoch ausnehmend nett und wenn man dann ein, zweimal dort war, weiß man auch, wie man ihm Scherze und Lächeln entlockt.

Absolut guten Gewissens können wir alle „Spezialitäten des Hauses“, die die Karte anführt vorbehaltlos empfehlen. Doch obwohl die Zutaten den Gast immer frisch aus der Vitrine anlachen und dazu einladen, bei jedem Besuch ein neues Gericht zu testen, sind wir noch nie über die Standardbestellung hinausgekommen, weil es einfach jedes Mal wieder zu gut schmeckt: einmal # 45, Bun Thap cam, die scharf-saure Suppe mit Reisnudeln, verschiedenen Kräutern und in unserem Fall mit zartgekochtem Schwein (sonst stehen noch Huhn und Rind zur Auswahl).
Im fernen Osten ist so eine Nudelsuppe ja fast schon ein philosophisches Gericht, sie wird verehrt, andächtig verspeist, und das meist allein. Wenn man sieht, wie die Stadtbewohner auf dem Pak Khlong Talad in Bangkok oder auf irgend einem anderen Markt in der thailändischen Hauptstadt oder in Hanoi, Vientiane oder Phnom Penh eine Suppe zum Frühstück essen, bekommt man vielleicht eine Ahnung, welche Bedeutung dieses alltägliche Ritual für die Menschen hat... Einen Ort, an dem man solche Nudelsuppen scharf, sauer und erfrischend und dabei schnell, billig und gut essen kann, sollte, finden wir, ein jeder Stadtbewohner in der Nähe seiner Wohnung haben.

Bei Allen, die es scharf mögen, wird diese Suppe, die schmeckt, wie Erkältungsbäder riechen (und das ist nur positiv gemeint, sind doch der frische Koriander und das Zitronengras an diesem Aroma schuld), unweigerlich zum absoluten Favoriten im Ha Noi avancieren. Das Pils trinkt man am besten vorher und macht nach der Suppe nicht den Fehler, schnell ein Glas Wasser hinunter zu stürzen, denn diese Suppe hat es wirklich in sich. So brauchen selbst hartgesottene Scharf-Esser fast eine halbe Stunde für eine Schüssel Suppe, müssen sich den Schweiß von der Stirn wischen und fluchen mit tränenerstickter Stimme, dass Bun Thap Cam beim nächsten Mal bestimmt nicht wieder extra-scharf bestellet wird.

Bistro Hanoi
Schellingstr. 104
München
Tel: 089 52310269

Wenn man von der Ludwig-Maximilians-Universität bzw. der Ludwigsstr. kommt: Bus58 Richtung Josephsplatz bis zur Haltestelle Augustenstraße nehmen – man steigt dann so gut wie direkt vor dem HaNoi aus.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Zwetschgendatschi

Ob Mittelpunkt festlich-gastronomischer Anlässe wie in Westfalen oder beim großen Pflaumenkuchenmarkt im sachsen-anhalterischen Plötzgau, als schwäbischer Zwetschgenkuchen zu einem alemannisch-bedächtigen Kaffeekränzchen oder bajuwarisch-beschwingt im Biergarten, Pflaumen- oder Zwetschkenkuchen, hier in Oberbayern als Datschi bekannt, ist in ganz Deutschland beliebt.

Pflaumen-1aethopien-baum-kopie

Gerade um sich die letzten Sommertage zu versüßen, die sich in München gerade von ihrer schlechtesten Seite zeigen und unerbittlich den kalten, grauen Herbst ankündigen, sollte man sich die letzten Stücke Zwetschgendatschi des Jahres nicht entgehen lassen. Momentan ist sowieso für die beste Datschi-Zeit für Alle, denen es genauso geht wie mir und eine furchtbare Panik davor haben, was mit dem Datschi unweigerlich einhergeht: Wespen. Die Wespen, die es sich den ganzen Sommer lang auf den gezuckerten Zwetschen gemütlich machen um sich zum Teig durchzuwespeln, der von den saftigen Zwetschgen bestenfalls komplett durchweicht und unwiderstehlich süß ist, sind jetzt so gut wie aus den Konditoreien verschwunden.
Am besten kann man in dieser Woche zum Ende der Zwetschgendatschisaison beim Kandlinger in Hausham noch einmal so richtig Datschi zu schlemmen. Als wir eben dort, in Hausham, zum ersten Mal Zwetschgendatschi im Café Kandlinger gegessen haben, war uns gleich klar: dieser Datschi ist etwas Besonderes!
Wenn die Datschisaison beginnt, ist die Freude jedesmal groß, wenn es zum ersten Mal Zwetschgendatschi vom Konditor Johann Kandlinger gibt. Egal, ob man am Freitag Nachmittag das Wochenende auf dem Land gemütlich im Garten mit Kaffee und Datschi einläutet, zugereisten Freunden bayerische Schmankerl vorsetzen will oder nach drei Tagen am Berg völlig ausgehungert in der Zivilisation einfällt – Kandlingers Datschi ist immer erste Wahl! Diesen Sommer sind wir sogar dazu übergegangen, uns jeweils zwei Stücke mitzunehmen; eines, das quasi inhaliert wird um die erste Gier zu stillen und ein zweites, das man dann wirklich genießen kann. Unser persönliches Credo, dass der Zwetschgendatschi jedes Wochenende besser schmeckt, hat uns Johann Kandlinger jetzt endlich fachlich bestätigt: „Natürlich schmeckt der Datschi jedes Wochenende anders – man hat ja auch nicht für jeden Datschi die identischen Zwetschgen.“
Vor zwei Wochen hatte die Saison ihren Höhepunkt erreicht, als Kandlinger für seinen Datschi die Bühler Zwetschgen verwenden konnte. Eine Sorte allerdings, die es in sich hat: „sobald die Bühler die Hitze nur riechen, zerfallen sie“, so Kandlinger, da hilft nur ein genau bestimmtes Verhältnis von Ober- und Unterhitze, um den Teig zu backen und gleichzeitig die Zwetschgen zu retten.
Bis vor kurzem noch dachten wir, dass der Kandlinger in Hausham DER kulinarische Geheimtipp schlechthin wäre – weit gefehlt! In diesem Sommer wurden alle Kräfte auf die Datschiproduktion konzetriert: so wurde auf der anderen Seite des Bahnüberganges das „Datschihäusl“ aufgestellt, Datschi-to-go sozusagen, um lange Wartezeiten an der geschlossenen Bahnschranke zu vermeiden und Johann Kandlinger selbst beliefert Gaststätten im gesamten Tegernseer Tal und sogar einzelne Biergärten in München mit seinem Zwetschgendatschi.
Der einzige Wermutstropfen dieser Zwetschgengeschichte ist, dass es dieses Wochenende zum letzten Mal den Datschi gibt, den man sich am besten schnell sichern sollte . Die Kunden aus Hausham kaufen ihn übrigens gleich blecheweise – mitsamt Wespen, versteht sich!

Café Kandlinger
Naturfreundestraße 1
83734 Hausham

Donnerstag, 25. September 2008

Restaurant/Imbiss Al-Kudz in München

Restaurant: Al-Kudz (Al-Quds)
Adresse: Paul-Heyse-Str. 23, München,

Der Koch, Said Abu Dahi ist als Kind mit Familie nach Jordanien emigriert, da es in seiner Heimat Nablus im Westjordanland (Palästina, heute palästinensisches Autonomiegebiet) keine Möglichkeit, für ihn gab, zur Schule zu gehen. Der Alltag in Nablus war gezeichnet von Schikanen, am einen Tag war die Schule offen, am nächsten wieder geschlossen. Da Saids Eltern großen Wert darauf legten, dass ihre Kinder zur Schule gingen, emigrierten sie nach Jordanien, wo bereits ein großer Teil der Familie lebte. Nach der Schule studierte Said Psychologie, fand keine Arbeit, und da ihm die Rückkeh rnach Palästina auch unmöglich war, kam er schließlich nach Deutschland.
Bevor er im Al-Kudz anfing zu kochen, arbeitete er nachts in einer der schrillen Imbissbuden im Kunstpark Ost – was schier unvorstellbar scheint, wenn man vor Said steht und er dir mit seiner weichen, leisen Stimme erklärt, wie er Ful zubereitet. Gelernter Koch ist Said nicht, dafür ist er um so passionierter: in einem Restaurant in Jordanien, das einer Bekannten gehört, durfte er immer in die Küche und hat sich dort vieles abgeschaut-
Heute arbeitet Said im Al-Kudz in München – das Kochen macht ihm großen Spaß und wenn es den Leuten schmeckt, freut er sich natürlich ganz besonders...
Wenn man ihn ganz nett fragt, bereitet er gerne Ful zu, ein im arabischen Raum verbreitetes Bohnengericht, das zum Frühstück, oft mit Falafel, oder zum Abendbrot gegessen wird. Ich habe ihn einmal gesehen, wie er es mit großem Genuss gelöffelt hat und wollte natürlich auch kosten woraufhin er es frisch für mich zubereitet hat. Ful gibt es nicht auf der Karte und nicht in den großen Vorspeisenschüsseln, der köstliche dicke warme Brei wird immer frisch gemacht, weil es sonst nicht schmeckt, also nicht schüchtern sein und einfach danach fragen!



Aber auch, wenn es draußen mal nicht so herbstlich ekelhaft ist, dass man sich mit einem Ful wärmen müsste, ist man im Al-Kudz perfekt aufgehoben. Die delikaten Vorspeisen (Hoummous, Baba Ganoush, Petersiliensalat, Khiyar bil laban) werden täglich mehrmals frisch zubereitet und sind der perfekte Einstieg, um sich langsam aber zielstrebig durch das Angebot im Al-Kudz zu schlemmen. Ansonsten gibt es auch Falafel, warme Gemüse- oder Fleischgerichte mit Reis, manchmal Fisch, ab und zu eine pappsüße Süßigkeit...
Im Moment läuft der Betrieb in der kleinen Küche nachmittags auf Hochtouren, da die arabischen Familienmütter wegen des Fastenmonats Ramadan tagsüber nicht kochen – abends vertrauen sie auf Saids Kochkünste und holen sich riesige Portionen der genannten Vorspiesen. Said und ein Freund sind abends oft nur damit beschäftigt, enorme Mengen dieser köstlichen Leckereien anzurühren.
Wir sind uns sicher dass Said, mit genügend Zeit, alle Wünsche erfüllen würde was arabische Küche angeht und die kleine Küche erlaubt.

Als Vorgeschmack liefern wir hier gleich das Rezept für Ful, das ihr auch unter „Heimspiel“ noch mal anschauen könnt. Wenn euch einige Zutaten nicht aus dem Supermarkt um die Ecke bekannt vorkommen, dann geht doch nach dem Essen im Al-Kudz noch ein paar Schritte die Paul-Heyse-Straße runter, im Verdi-Supermarket bekommt ihr alles, was ihr sucht.

Für eine Person:
Olivenöl
1 Zwiebel
1 Tomate
Kumin, Salz, Pfeffer
1 kleine Dose Ful/Foul/Faba-Bohnen, im arabischen Geschäft erhältlich
1 Tasse Wasser
Sesampaste
Petersilie

Die Zubereitung ist ganz einfach:
das Öl erhitzen, Zwiebel in Würfel darin braten bis sie leicht gebräunt ist, dann erst die ebenfalls in Würfel geschnittene Tomate zugeben, etwas einkochen lassen.
Die Bohnen aus der Dose in einem Sieb abtropfen bzw. unter fließendem Wasser abspülen und zugeben, dazu 1 Tasse Wasser, etwas Olivenöl, etwas Sesampaste, und großzügig würzen (mit einer Mischung aus Salz, gemahlenem Pfeffer und Kumin - Said geht damit bei mir, weil ich immer ein wenig nachsalze, zumindest nicht allzu knapp um, so eineinhalb Teelöffel, können es schon sein).
Dann zwischen 5 und 10 Minuten köcheln, bis die Bohnen fast zerfallen, mit dem Kartoffelstampfer das Ganze zerdrücken, eventuell abschmecken, in einem tiefen Teller anrichten, mit einem Schuß Olivenöl, etwas flüssiger Sesampaste und fein gehackter Petersilie garnieren. Dazu am besten Fladenbrot und eventuell Oliven, Salzgurken oder sonstiges sauer eingelegtes Gemüse servieren. Ful kommt bei Said heiß auf den Tisch, für die kalten Tage hier ist es perfekt – deshalb ist es auch ganz schnell zu meiner aktuellen Leibspeise geworden! Said liebt Ful mit einer selbstgemachten Sauce aus Olivenöl, ganz viel Knoblauch, Chili und Petersilie, die er aber nicht mehr macht, weil Berufstätige nicht schon mittags Knoblauch essen wollen!
So, jetzt viel Spaß beim nachkochen oder gleich ab in die Paul-Heyse-Str....

Nachtrag:

Heute, am 1. Oktober 2008, beginnt das dreitägige Fest Eid-al-Fitr, das für gläubige Muslime den Fastenmonat Ramadan beendet. Zu diesem Anlass ist es in Saids Heimat üblich, Freunde zu treffen oder Verwandte zu besuchen um gemeinsam mit ihnen zu essen. Im Al-Kudz gibt es zu diesem Anlass ein ganzes Lamm, in große Stücke zerteilt und im Ofen geschmort und dann mit dem Kopf in der Mitte auf einem Berg dampfenden Reises drapiert. Aus der frischen Leber und den Nieren des Tieres bereitet Said seinen Freunden und mir als Einstimmung einen kleinen Appetithappen zu: die Innereien, sorgfältig gereinigt und in Würfel geschnitten werden einfach scharf angebraten und mit dicken Zwiebelringen einige Minuten in der Pfanne geschwenkt, dann einfach ein bisschen Zitronensaft darüber und für alle, die es scharf mögen ein wenig Harissa, die rote Würzpaste aus Chilischoten, Kumin und Koriandersamen - ein Genuss!

Lammleber-Al-Kudz

Reis-Al-Kudz

Dienstag, 23. September 2008

Restaurantempfehlungen

Der Araber neben der Arbeit, der Thai in Deiner Straße, der Einsterner in Navarra - hier wird alles besprochen und vorgestellt, wo man gut essen kann. Und weil wir positiv denken, besprechen wir nur positiv, leiten euch an Restaurants weiter, die man uneingeschränkt empfehlen kann. Wer will schon lesen, wo's scheiße schmeckt und der Service mies ist?

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